„Betucht sein“ ist mehr als Stoff(e) tragen – Kostüme bauen auf der KAST

Nähte sind an Kleidung, weil die Stoffstücke irgendwo verbunden werden müssen, oder?

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Es gibt nicht so vieles, was mich nachhaltig so beeindruckt, dass es tatsächlich meinen Horizont für den alltäglichen Gebrauch erweitert. Dieser Workshop hat diese Kraft. Wenn ich heute eine Hose anprobiere oder ein Shirt oder einen Rock, dann schau ich mir die Nähte an, betrachte den Sitz der Abnäher, achte auf meine Schulter, auf den Stoffwurf, die Falten – sowohl die absichtlichen als auch die unbeabsichtigten – und entscheide heute völlig neu, ob ich dieses Kleidungsstück mit nach Hause nehme.

Als ich bei Michael M. meinen Kostümkurs antrat, wußte ich nicht, was mich letztlich erwartet, allerdings hatte ich die Erwartung, dass ich das Erlernte im Unterricht anwenden kann. Das kann ich – und mehr. Am Ende ging es nicht nur um Kostüme, es ging darum, Kleidung zu verstehen. „Betucht sein“ ist eben mehr als Stoff(e) tragen.

Mit den Kostümen schlüpft man eben in eine andere Haut, eine andere Zeit und in in all das, was damit zusammenhängt. Kleidung, das will Status, Kultur und Know-How vereinen. Was tun, wenn man keine Nähmaschine hat oder eine Nadel?

Wir haben:

  • Knöpfe
  • Reißverschlüße
  • Klebe
  • Nähmaschinen
  • Nylonfäden
  • biegsames und leichtes Plastik
  • und dann noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse

Eine Woche intensiver Workshop:

Baustein 1: Aus einem engen Abnehmen des Oberkörpers lässt sich eine Menge machen hinsichtlich Panzer, Rüstung, fester Korpus, Anziehpuppe, etc. Ein bisschen Tesa … nein eine Rolle Tesa und schon hat man einen abgezeichneten Oberkörper aus Plastik oder Papier.

Baustein 2: Mit einem Plastiktütenkostüm haben wir erarbeitet, dass Kostüme eine Linie haben sollten. Das habe ich in meinem derzeitigen Theaterkostüm übernommen, indem alle als Basis den Maleranzug hatten, davon abstrahierte ich dann zwei Gruppen, die ich entsprechend unterschiedlich ausstaffierte. Wir hatten wenig Zeit und hatten strenge Vorgaben. Die Ergebnisse waren verblüffend.

Baustein 3: Ein Kasten Nesselstoff für ein angepasstes Schnittmuster vom Oberkörper. Wohin gehören die Abnäher? Wie rechne ich dann alles um? Wohin kommen die ordentlichen und begradigten Abnäher? Wie stecke ich das ab? Wie fertigt man vom Stoff dann Papiervorlagen für ein Etuikleid (z.B.) an?

Baustein 4: Einen Klassensatz Kostüme mit sehr engen Vorgaben führt zu einem einheitlichen Kostümbild mit hoher Wirkung. Wahnsinnige Produktivität auf allen Seiten mit viel Erfindergeist. Ganz nach dem Sinne: Hindernisse machen kreativ.

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Baustein 5: Keine Zeit, lang zu diskutieren. Aus allen Materialien in kurzer Zeit etwas Geknotetes schaffen. In Schichten auch noch an die Zeit denken, aus der das Kostüm als sein Rest stammen sollte. Auch spannend. Es passte irgendwie zusammen.

 

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